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7.3 Medizinische Grundversorgung

7.3.1 Krankenversicherungsprämien

Die medizinische Grundversorgung ist weitgehend durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung gemäss Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) vom 18. März 1994 gedeckt. Die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sind gemäss § 10 Abs. 4 SPV im Rahmen der materiellen Hilfe zu übernehmen. Die Prämien der Zusatzversicherung gehören nicht zur materiellen Grundsicherung und sind lediglich in Ausnahmefällen durch die materielle Hilfe zu übernehmen. Voraussetzung dafür ist die medizinisch begründete Notwendigkeit eines besseren Versicherungsschutzes respektive einer daraus resultierenden kostengünstigeren Variante.

Es sind die effektiv anfallenden Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in die Bedarfsrechnung einzubeziehen, soweit sie angemessen sind und den Richtprämien entsprechen. Alle Prämien, die die Richtprämien übersteigen, sind überhöht.

Der Regierungsrat legt die Richtprämien gemäss § 5 des Gesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVGG) vom 15. Dezember 2015 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 der Verordnung zum Gesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (V KVGG) vom 16. März 2016 fest. Die Richtprämie entspricht dem Durchschnittswert der jeweils zehn günstigsten Prämien im Kanton Aargau für HMO- oder Hausarztversicherungsmodelle (§ 4 V KVGG).

Entsprechen die effektiven Prämien einer Person oder Familie nicht der Richtprämie, muss zuerst überprüft werden, ob Gründe vorliegen, die die Übernahme der höheren Prämien rechtfertigen. Entsprechen die effektiven Prämien nicht der Richtprämie und sprechen keine anderen Gründe für die Übernahme der überhöhten Kosten, so muss die unterstützte Person mittels Auflagen- und Weisungsverfahren (2-stufiges Verfahren, vgl. Kapitel 12. ) aufgefordert werden, die effektive Prämie innert einer angemessenen Frist an die Richtprämie anzupassen.

Weigert sich eine unterstützte Person, zu einer günstigeren Krankenversicherung zu wechseln, so werden die Prämie für die obligatorische Krankenpflegeversicherung gemäss § 13a Abs. 2 SPG nur noch gemäss angemessenem Bedarf im Umfang der Richtprämie übernommen. Die festgelegte Anpassung ist der unterstützten Person in Form einer zweiten beschwerdefähigen, begründeten Verfügung zu eröffnen. Der den Richtwert übersteigende Betrag kann mit laufenden Leistungen verrechnet werden. Da Sozialhilfebeziehende gemäss § 25 Abs. 1 lit. d KVGG nicht auf die Liste der säumigen Versicherten aufgenommen werden, soll damit sichergestellt werden, dass die Nichtbefolgung der Auflage und Weisung betreffend die Anpassung der Prämie an die Richtprämie, Konsequenzen nach sich zieht. Die Anpassung der Prämie für die obligatorische Krankenpflegeversicherung an die Richtprämie ist nicht zulässig, wenn die betroffene Person triftige Gründe für die Nichtbefolgung der Auflage und Weisung vorbringt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Wechsel des Versicherers aufgrund von Prämienausständen nicht möglich ist.

Die Anpassung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gemäss § 13a SPG erfolgt unabhängig von einer Leistungskürzung gemäss § 13b SPG infolge Verstosses gegen Auflagen und Weisungen (vgl. Kapitel 10.2.) oder einer Reduktion des Sozialhilfeanspruchs mangels nachgewiesener Bedürftigkeit oder wegen Verletzung der Subsidiarität (vgl. Kapitel 11.3). Leistungskürzung gemäss § 13b SPG infolge Verstosses gegen Auflagen und Weisungen (vgl. Kapitel 11.2. ) oder einer Reduktion des Sozialhilfeanspruchs mangels nachgewiesener Bedürftigkeit oder wegen Verletzung der Subsidiarität (vgl. Kapitel 11.3 ) können zusätzlich und unabhängig von der Nicht-Übernahme überhöhter Krankenversicherungsprämien erfolgen. Die absolute Existenzsicherung ist bei der Anpassung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht zu beachten, da die absolute Existenzsicherung lediglich den Grundbedarf in der Höhe von 70% gemäss SKOS-Richtlinien (vgl. § 15 Abs. 2 SPV), die Kosten für benötigtes Obdach gemäss angemessenem Bedarf und die Prämien der Krankenpflegeversicherung gemäss angemessenem Bedarf (vgl. Kapitel 4.1. ).

Eine unterstütze Person hat Anspruch auf Prämienverbilligung. Der Eintritt in die Sozialhilfe gilt gemäss § 17 Abs. 1 KVGG als Antrag auf Prämienverbilligung. Unterstützte Personen haben gemäss § 17 Abs. 2 KVGG maximal Anspruch auf einen Beitrag in der Höhe der Richtprämie als Prämienverbilligung. Die Differenz zwischen der effektiven Prämie und der Prämienverbilligung beziehungsweise der Richtprämie ist von den Gemeinden über das Sozialhilfebudget zu tragen. Vom Zeitpunkt des Eintritts der Person in die Sozialhilfe bis zum nächstmöglichen Zeitpunkt, zu dem ein Wechsel des Versicherungsmodells möglich ist, können die Gemeinden diese Differenz als Prämienverbilligung bei der SVA Aargau geltend machen. Ein Wechsel der Versicherung oder des Versicherungsmodells ist stets per 1. Januar des kommenden Jahres möglich. Wenn nun der Eintritt in die Sozialhilfe kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist am 30. November erfolgt, verlängert sich die Anspruchsdauer bis zum Ende des nächsten Jahres. Die längstmögliche Zeitspanne, während der die Sozialhilfebehörde die Differenzzahlungen beanspruchen kann, beträgt somit etwa 15 Monate. Die Gemeinden haben damit genügend Zeit, den Wechsel des Versicherers oder des Versicherungsmodells der Sozialhilfe beziehenden Person fristgerecht zu erwirken. Lässt die Gemeinde den erstmöglichen zumutbaren Kündigungstermin unbenutzt verstreichen, verfällt ab diesem Zeitpunkt der Anspruch der Gemeinde auf Rückerstattung der Differenz effektive Prämie – Richtprämie. Im Übergangsjahr 2016 wird Sozialhilfebeziehenden als Prämienverbilligung weiterhin die effektive Prämie ausgerichtet.

Ab dem Jahr 2015 wird die Prämienverbilligung direkt dem Krankenversicherer vergütet (Art. 65 Abs. 1 KVG). Die unterstützten Personen sind im Partnerweb der SVA Aargau zu erfassen.