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Villa "Wisa Gloria" in Lenzburg

Das Ensemble besteht aus einer zweigeschossigen Villa und zwei strassenseitigen Kleinbauten sowie einer Gartenanlage mit Gartenpavillon. Bisher war es als Baudenkmal mit kommunaler Bedeutung im Bauinventar gelistet. Auf Antrag der aktuellen Eigentümerschaft hat die Kantonale Kommission für Denkmalpflege und Archäologie (KKDA) die kantonale Schutzwürdigkeit geprüft und die kantonale Unterschutzstellung empfohlen.

Villa Wisa Gloria in Lenzburg, Ansicht von Westen. © Kantonale Denkmalpflege Aargau

Der Bauherr

Der Bauherr Fritz Sender-Hurter stammte aus Schaffhausen. Er betrieb zu Anfang des 20. Jahrhunderts in Schaffhausen gemeinsam mit seinen Brüdern Otto Sender und Dr. Karl Sender die Firma "Sender & Co", die Kinderwagen fabrizierte. Im Jahr 1913 fusionierte die Schaffhauser Firma auf seine Initiative mit der in Lenzburg ansässigen Firma "Wisa-Gloria Werke Widmer, Sandmeier & Co", die ebenfalls Kinderwagen und bis 1992 auch Spielwaren herstellte. Während der Produktionsort verkehrsgünstig an der Sägestrasse nördlich der Bahnlinie lag, baute sich der zugezogene Mit-Eigentümer der Wisa Gloria seinen Familienwohnsitz im südwestlich der Altstadt gelegenen Quartier an der erst in den 1920er Jahren erschlossenen Gartenstrasse. Grosse Parzellen mit Einfamilienhäusern und grosszügigen Gärten prägen bis heute die Wohnzone zwischen Seonerstrasse und der von Süden nach Lenzburg führenden Bahnlinie.

Die Architekten Werner und Hächler

Als entwerfender Architekt der Liegenschaft ist Karl Werner aus Schaffhausen belegt. Er legte mehrere Variantenstudien für die Fassadengestaltung vor und zeichnete auch die baukünstlerischen Details. Der Entwurf des Hauses steht exemplarisch im Werk des Architekten Karl Werner (Schreibvariante Carl Werner *1873 Feuerthalen, gest. 1960 Feuerthalen), der im Jahr 1901 in Schaffhausen sein Architekturbüro eröffnete. Werner bediente sich einer Formensprache, die im Rückgriff auf klassizistische oder barocke Elemente dem Heimatstil verschrieben war. Aus Karl Werners Hauptwerk sind mehrere Bauten in Schaffhausen zu nennen, darunter der 1914 erstellte Waldfriedhof mit der Abdankungshalle. Unter den privaten Wohnhäusern ist die 1905 erbaute Villa Solitude an der Alpenstrasse 16/Korallenstrasse 2 in Schaffhausen (Denkmalschutzobjekt übergeordnet Kt. Schaffhausen), wie auch das 1920 erbaute Landhaus Lindenhof an der Oehningerstrasse 59 in Stein am Rhein zu nennen. Etwas später, weiterhin im Heimatstil gestaltet, entstand im Jahr 1929 das Doppelwohnhaus Fehr in Schaffhausen an der Säntisstrasse. Der Ausdruck seiner Bauten ändert sich erst ab 1933, als Max Werner in das Büro seines Vaters eintrat und im Stil des Neuen Bauens arbeitete.

Die Ausführung der Villa "Wisa Gloria" oblag Richard Hächler, der nach seinem Architekturstudium an der ETH Zürich zunächst für ein Jahr in Holland arbeitete, dann 1922 für einen Auftrag in seine Heimatstadt Lenzburg zurückkehrte und ein eigenes Architekturbüro gründete. Der Auftrag zur Bauausführung der Villa an der Gartenstrasse 9 steht vor dem Hauptwerk des Architekten, das dem Neuen Bauen verpflichtet war. Beispielhaft dafür steht das kubische Wohnhaus mit Flachdach (1926-27) im Aarauer Zelgli. Mit der Firma Wisa Gloria ist Hächler auch über den Neubau des Firmengebäudes, das er 1932 entwarf, verbunden. Er gilt als einer der führenden Architektenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts im Aargau.

Die Villa "Wisa-Gloria" gehört zu einer Gruppe von drei zeittypisch gestalteten Wohnhäusern, die ab 1922 an der Hangkante zum Aabachtal errichtet wurden und noch heute von grosszügigen Gartenanlagen umgeben sind. Benachbart und mit ähnlicher Formensprache gestaltet, liegt südlich das fast zeitgleich 1922-1923 von Architekt Karl Schneider für Heinrich Frey-Zschokke erbaute Haus an der Gartenstrasse 17 (Bauinventar-Objekt LEN920) und nördlich an der Gartenstrasse 1 das im Jahr 1927 vom Architekten Karl Schneider für A. Rupp-Schüepp errichtete Wohnhaus mit separater Garage (Bauinventar-Objekt LEN919). (Anne Lauer)