Hauptmenü

Zurück

Aargauer Persönlichkeit: Richard Hächler

Die Bauten des Lenzburger Architekten Richard Hächler sind alle dem "Neuen Bauen" verpflichtet. Die Vertreter dieser internationalen künstlerischen Avantgarde-Bewegung versuchten nach dem Ersten Weltkrieg Städtebau, Architektur und Wohnausstattung unter ökonomischen, technischen und sozialen Aspekten radikal zu erneuern. Richard Hächler schuf eindrückliche Bauwerke in einer einfachen Formensprache, die sich durch Einfachheit, Zweckmässigkeit und gute Massstäblichkeit auszeichnen.

Richard Hächler. Foto aus: Lenzburger Neujahrsblätter, Nr. 38, 1967, S. 80

Richard Hächler wurde am 8. Februar 1897 in Lenzburg als Sohn des Schreinermeisters und Stadtrats Rudolf Hächler und der Henriette Hächler, geb. Wehrli, geboren. Durch seinen Vater hatte er schon früh eine enge Beziehung zum Handwerk. So absolvierte er bereits während seiner Gymnasialzeit an der Kantonsschule Aarau eine anderthalbjährige Maurerlehre. Nach seiner Matura 1917 studierte er bis 1921 Architektur an der ETH Zürich und schloss 1921 mit einem Diplom bei Karl Moser ab. Nach einem Auslandaufenthalt in Holland kehrte er 1922 für einen Bauauftrag nach Lenzburg zurück. 1929 eröffnete er auch in Aarau ein Büro, 1949 zusammen mit Ernst Pfeiffer ein weiteres in Zürich.

Richard Hächler war langjähriges Mitglied der SIA-Wettbewerbskommission und dem Neuen Bauen verpflichtet. Durch sein vehementes Beharren auf modernen Stilelementen verlor er zunächst öffentliche Bauaufträge, so für die Bezirksschulen in Baden und Lenzburg. Man verlangte da von ihm, die vorgesehenen Flachdächer durch Ziegeldächer zu ersetzen. Er aber liess sich diese beiden Bauaufträge entgehen, weil er von seinen Überzeugungen nicht abweichen wollte.

Richard Hächer hat ein sehr vielfältiges Werk im privaten und öffentlichen Bereich hinterlassen.

Erstes Wohnhaus "nach Le Corbusier"

Aarau, Einfamilienhaus im Zelgliquartier, 1927 von Richard Hächler erbaut. © Vestigia GmbH, Zürich, 2014.

Aus seinem Frühwerk ragt das kubische Wohnhaus mit Flachdach im Aarauer Zelgliquartier (1926–1927) heraus. Das Einfamilienhaus am Landhausweg 43 in Aarau wurde 2014 von der beauftragten Vestigia GmbH als kommunal schutzwürdiges Gebäude ins kommunale Bauinventar von Aarau aufgenommen. Es wurde 1927 von Richard Hächler als erstes Haus in Aarau "im Stile kommender Baukunst nach Le Corbusier" gebaut.

Auf rechteckigem Grundriss erhebt sich der dreigeschossige, kubische Bau oberhalb des Landhauswegs. Das Gebäude steht mit seiner Hauptfront parallel zur Strasse, seitlich liegt der erhöhte Eingang mit Vordach. Ursprünglich war das Sockelgeschoss vollständig auf Stützen ausgebildet, das zweite Obergeschoss als Dachterrasse ausgebildet und der Bau blendend weiss gestrichen.

1930 fügte Richard Hächler eine flachgedeckte Autogarage an, 1932 vergrösserte er das Obergeschoss auf Kosten der Dachterrasse um zwei Zimmer. Das Gebäude stehe "exemplarisch für das Neue Bauen in der Stadt Aarau und ist entsprechend seiner Substanz und Struktur zu erhalten", schreibt die Vestigia GmbH in ihrer fachlichen Beurteilung 2014.

Hächlers Einfamilienhäuser zeichneten sich alle durch Einfachheit und Zweckmässigkeit aus. Er legte Wert darauf in keiner Weise zu überborden, war bedacht auf gute Proportionen und eine den Verhältnissen angepasste Massstäblichkeit.

Fabrikgebäude der Wisa-Gloria in Lenzburg

Fabrikgebäude der Wisa-Gloria in Lenzburg. Fotoausschnitt aus: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Fotograf: Werner Friedli, LBS_H1-028309 / CC BY-SA 4.0

Neben Privathäusern realisierte Richard Hächler auch zahlreiche Industriebauten. In der sich rasch entwickelnden, grossen Industrieanlage der Kinderwagen- und Spielwarenfabrik Wisa-Gloria entwickelte er mehrere Erweiterungsbauten (1930–1932). Diese wurden damals in modernster, avantgardistischer Bauweise erstellt.

Fabrikgebäude der Wisa-Gloria in Lenzburg, Reste des "Transporteurs". © Kantonale Denkmalpflege Aargau, 2017

Hächlers Gebäude sind parallel zu den bestehenden Bauten angeordnet und mit diesen durch Passarellen sowie durch einen "Transporteur" – eine an den Decken montierte Fördervorrichtung – verbunden. Der Transporteur verband die verschiedenen Abteilungen der Fabrik horizontal untereinander; der vertikalen Verbindung diente ein Warenaufzug.

Fabrikgebäude der Wisa-Gloria in Lenzburg, Pilzstütze im 2. OG. © Kantonale Denkmalpflege Aargau, 2017

Das langgestreckte Fabrikgebäude ist als Pilzstützenkonstruktion ohne Unterzüge und ohne tragende Fassaden realisiert. Es beherbergte im Untergeschoss und im Parterre Lager und Spedition, in den Obergeschossen Arbeitssäle von je 20 x 50 m Fläche.

Fabrikgebäude der Wisa-Gloria in Lenzburg. Kopf des Fabrikgebäudes von Südwesten. © Kantonale Denkmalpflege Aargau, 1997

Der Baukörper ist kubisch reduziert und weist ein strenges Fassadenraster auf. Der Bau wurde in Eisenbeton ausgeführt – die Aussenwände sind nur 24 cm stark und bestehen aus 15 cm Beton und 9 cm Welton-Isolierplatten.

Fabrikgebäude der Bruggisser & Cie. in Wohlen

Fabrikneubau Bruggisser & Cie., Wohlen, 1930 von Richard Hächler erbaut. Foto aus: Das Werk, Band 20, 1933, S. 10.

1812 wurde die Strohwarenmanufaktur Wohler & Isler gegründet und 1930 in Martin Bruggisser & Cie. umbenannt. Im gleichen Jahr liess die Firma an der Zentralstrasse, in der Nähe der Bünz, die bestehenden Fabrikgebäude durch etliche Fabrikations- und Bürogebäude erweitern.

Die Fabrik beherbergte Arbeitssäle der Strohindustrie. Der Erweiterungsbau von Richard Hächler war wie derjenige der Wisa-Gloria in Lenzburg ebenfalls nur Teil einer grösseren Anlage. Die Konstruktion ähnelt derjenigen beim Wisa-Gloria-Fabrikbau: Eisenbeton, isoliert mit Weltonplatten und Pilzdecken.

Ein bedeutender Bau von Hächler & Pfeiffer in Zürich

Physik-Institut an der Schöngasse 9, heute Deutsches Seminar der Universität Zürich. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv. Fotograf: Georg Mörsch, Dia_287-21090, CC BY-SA 4.0

Ausserhalb des Kantons Aargau war Richard Hächler besonders in Zürich aktiv. 1956–59 erstellte Richard Hächler zusammen mit Ernst Pfeiffer in Zürich beispielsweise das Physik-Institut an der Schöngasse 9. Das Gebäude dient heute als Hauptgebäude des Deutschen Seminars der Universität Zürich und wurde 1993–97 von den Meletta Strebel Architekten umgebaut. Dabei erhielt die ehemalige Experimentierhalle eine attraktive Arbeitsbibliothek.

Universität Zürich, Deutsches Seminar, Arbeitsbibliothek in der ehemaligen Experimentierhalle. Foto: Meletta Strebel Architekten AG

Der ursprüngliche Sammlungsraum für physikalische Geräte wurde seit jeher mit Oberlichten erhellt und dient nun als zentraler Arbeits- und Begegnungsraum. Die sanfte Innenrenovation durch die MSA Architekten berücksichtigte die vorgegebene polychrome Gestaltung Richard Hächlers mit den Grundfarben Blau, Gelb und Rot.

Im Aargau omnipräsent

Bad Schinznach, "Haus Habsburg", Richard Hächler, 1928–1929. © Kantonale Denk-malpflege Aargau

Richard Hächler war weiter an einer Reihe von Gebäuden Hero-Konservenfabrik in Lenzburg tätig. Das neue Röntgen-Institut des Kantonsspitals Aarau ist sein Werk. Er baute dann mehrere Schulen sowie die Spitalbauten in Aarau und Zofingen. Weitere Industrie- und Silobauten sowie Wohnbauten folgten.

Im Aargau sind Richard Hächlers Bauten allgegenwärtig. Er gilt als eine der führenden Architektenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts im Kanton. (Franziska Schmid-Schärer)

Aarau, Bahnhofstrasse 20 in Aarau, 1955 von Richard Hächler als Geschäftshaus für die Immobiliengesellschaft Centralplatz AG in Biel erbaut, danach von der Credit Suisse genutzt. © Kantonale Denkmalpflege Aargau

Richard Hächlers Bauten im Aargau

In zahlreichen Gemeinden des Kantons Aargau stehen eindrückliche Bauten des Architekten Richard Hächler. Über die Volltextsuche im Online-Inventar der Kantonalen Denkmalpflege können alle Einträge zu ihm abgerufen werden.

Mehr zum Thema