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Baustelleneinblicke 2023

Zu Beginn jedes Jahres gibt die Kantonale Denkmalpflege Einblick in laufende und abgeschlossene Projekte. Die Vielfalt der unterschiedlichen Aufgaben ist ungebrochen gross. Von der klassischen Kirchenrestaurierung bis zum Neubau in der Altstadt; die baukulturellen und denkmalpflegerischen Fragestellungen sind äusserst vielseitig.

Klosterkirche Königsfelden

Windisch, Klosterkirche Königsfelden, rechts mit Gerüst und ausgebauten Glasmalereien, 2023. © Kantonale Denkmalpflege Aargau

In der Kulturlandschaft des Kantons Aargau nimmt die Klosterkirche Königsfelden unbestritten eine prominente Stellung ein. Als Memorialort der Habsburger zeugt die Klosterkirche unter anderem mit ihren bedeutenden mittelalterlichen Glasmalereien seit über 700 Jahren von einer beeindruckenden Geschichte. Bauliche Eingriffe an diesem einmaligen Kulturgut haben mit grosser Sorgfalt zu erfolgen. In besonderem Masse trifft dies für die mittelalterlichen Glasmalereifenster des Chores zu, die zum Schutz vor Beschädigung während der Bauzeit durch sorgsame Restauratorinnenhände ausgebaut, kontrolliert und in einem Kulturgüterschutzraum zwischengelagert werden müssen. Geschützt durch eine neue Schutzverglasung werden sie im kommenden Jahr ihren Weg zurück in den Chor finden. Auch wenn wie in Königsfelden das Objekt seit über 700 Jahren an Ort und Stelle steht, werden auch normativ neue Anforderungen ans Denkmal gestellt, die es abzuwägen gilt. So zeigte sich der bauzeitliche Dachstuhl von 1315, einer der ältesten in der Schweiz, rein rechnerisch den heutigen Anforderungen an die Erdbebensicherheit nicht mehr gewachsen. In interdisziplinärer Zusammenarbeit konnte eine denkmalverträgliche elegante Lösung gefunden werden, ohne substanziell oder hinsichtlich der Tragwerkslogik in das historische Tragwerk eingreifen zu müssen. Auch äusserlich wird die Klosterkirche auf Vordermann gebracht. Nebst der Sicherung von erhalten geblieben Verputzresten aus der Bauzeit wird die Klosterkirche mit einem neuen Deckputz versehen und in traditionellem Handwerk al fresco gekalkt. Mit der Wiedereröffnung braucht es indes noch Geduld bis März 2025.

Johanniterkapelle Rheinfelden

Rheinfelden, Chorbogenwand der Johanniterkapelle mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts. © Kantonale Denkmalpflege, Ralph Feiner

Die um 1456–1460 erbaute spätgotische Johanniterkapelle liegt etwas verborgen unweit der Marktgasse in der nordöstlichen Ecke der Altstadt von Rheinfelden. Umso überraschender lassen sich die jüngst restaurierten, anschaulichen historischen Wandmalereien im Innern der Kapelle entdecken. Im ausgehenden 15. Jh. wurde die historische Raumschale mit buntfarbenen, figürlichen Malereien ausgestattet. Insbesondere die das Jüngste Gericht zeigende Malerei am Chorbogen, lohnt einer genaueren Betrachtung. Im Scheitel des Chorbogens der Weltenrichter ziehen die Glücklicheren auf der einen Seite ins Himmelreich, während fantasievoll gemalte Teufel auf der anderen Seite die Unglücklichen aus den Gräbern ziehen und ins Höllenfeuer stossen. Im Rahmen der jüngst abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten konnte die Lesbarkeit der Malereien erheblich geschärft werden. Auch bei diesem Objekt war es indes nicht mit der Restaurierung der Malereien getan. Feuchtigkeitsschäden am historischen Dachwerk und die Korrektur vorangegangener eher behelfsmässiger statischer Massnahmen machten auch hier eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Planern, Handwerkern und Holzbauspezialisten notwendig. Im Herbst 2023 konnten die umfangreichen Instandsetzungs- und Restaurierungsarbeiten abgeschlossen werden. Besonders erfreulich ist, dass rechtzeitig zur Wiedereröffnung ein Kunstführer zur Johanniterkapelle herausgegeben werden konnte (erhältlich über die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte).

Haus Kapf in Aristau/Althäusern

Althäusern-Aristau, Haus Kapf, reichhaltig ausgestattete Räume im 2. Obergeschoss mit bauzeitlicher Stuckdecke, Böden und bemalten Tapeten. © Kantonale Denkmalpflege Aargau

Die Zeit heilt nicht alle Wunden – zumindest nicht automatisch. Eine gewisse Diskrepanz zwischen historischer Bedeutung und momentanem Zustand lässt sich beim Haus Kapf in Althäusern (Gemeinde Aristau) nicht verbergen. So handelt es sich beim Objekt an aussichtsreicher Lage um eine Sommerresidenz der Fürstäbte von Muri. Zum 1736 errichteten barocken Landsitz gehört eine ausgedehnte Gartenanlage. Früher vervollständigten ein Lehenhaus mit Rebbaubetrieb und eine Trotte das Ensemble. Der einstige herrschaftliche Glanz der Anlage ist in die Jahre gekommen, zumal "der Kapf" schon um 1800 als Bauernhof genutzt wurde, später als Gastwirtschaft diente und seit über 100 Jahren keine umfassendere Renovation erlebt hat. Trotz der allgegenwärtigen Patina lässt sich die frühere Pracht gut erkennen. An Authentizität mangelt es dem geschützten Baudenkmal gewiss nicht. Auch wenn das Objekt weiterhin besonders in der warmen Jahreszeit genutzt werden soll, machen Schäden an der Dachkonstruktion und eine allzu undichte Fassade Massnahmen dringlich. Nebst der Instandsetzung von Fassade und Dach wird das Gebäudeinnere mit der gebotenen Zurückhaltung restauriert. Ganz nach dem Motto, die beste Restaurierung sei diejenige, die gar nie stattgefunden hat, werden nur die offensichtlichsten Schäden instand gestellt. Die dem Objekt angepasste Nutzung ermöglicht in diesem seltenen Fall, losgelöst von normativen Vorgaben und bauphysikalischen Ansprüchen, die Räumlichkeiten so authentisch wie möglich der Nachwelt zu überliefern.

Landhaus Sonnenberg, Lenzburg

Lenzburg, Speisesaal der Villa Sonnenberg mit freigelegter Deckenmalerei. © Villa Sonnenberg

Die unterhalb des Schlosses Lenzburg gelegene Villa Sonnenberg hat in ihrer wechselvollen Geschichte einen weiteren Meilenstein durchschritten. Die ehemalige Landweibelei wurde als bernisches Landhaus im barocken Stil um 1770 erbaut. Zuletzt genutzt als Künstlerresidenz des Komponisten Peter Mieg liess eine umfassendere Renovation rund hundert Jahre auf sich warten. Im Rahmen der im Jahr 2023 abgeschlossenen Gesamtrenovation konnten nun Villa, Nebengebäude und der lauschige Garten nach denkmalpflegerischen Kriterien instand gestellt werden, wobei einige zeitweilig verborgene Schätze wieder zu Tage gebracht werden konnten. Villa und Park stehen heute unter Schutz des Bundes und des Kantons. Die Stiftung Villa Sonnenberg engagiert sich nicht nur für den weiteren Unterhalt der Villa, sondern beabsichtigt deren Belebung zum Nutzen und Freude der Allgemeinheit. Als Kultur- und Gästehaus, Treffpunkt für Kulturschaffende und als Ort für Anlässe und Tagungen bieten die repräsentativ wiederhergerichteten Räume ein würdiges Umfeld. Jedes Denkmal benötigt eine ihm angemessene Nutzung. Aus denkmalpflegerischer Sicht wurde dieses Ziel hier in vorbildlicher Art und Weise erreicht.

Neubau Wohnhaus am Hexenturm, Mellingen

Mellingen, Neubau am Hexenturm, 2024. © Kantonale Denkmalpflege Aargau

Ausser den Projekten an kantonal geschützten Bauten hat die Denkmalpflege ein darüber hinausreichendes, breites Betätigungsfeld. Die Beurteilung und Begleitung von Projekten im Nahumfeld geschützter Denkmäler nimmt dabei einen wichtigen Stellenwert ein. Eine besondere und äusserst seltene Bauaufgabe ergab sich in der Altstadt von Mellingen. Südlich des sogenannten Hexenturms, eines mittelalterlichen Rundturms, der die Altstadt gegen Nordwesten abschliesst, klaffte seit über 100 Jahren eine Lücke in der Zeilenbebauung der Altstadt. Ein Brand zu Beginn des 20. Jh. hat dort eine Bresche in die Stadtmauer und in die ansonsten geschlossene Häuserzeile geschlagen. Mit Unterstützung der Stadt Mellingen konnte der private Grundeigentümer dazu bewogen werden, ein Projekt für einen Neubau anhand eines Konkurrenzverfahrens zu ermitteln. Die baukulturell anspruchsvolle Aufgabe konnte im Jahr 2023 nach längerem Prozess abgeschlossen werden. Die Gratwanderung zwischen zeitgenössischer Architektur und dem gebotenen Anspruch auf eine gute Einpassung in den Altstadtkörper brachte aus denkmalpflegerischer Sicht einen gehaltvollen Beitrag zum Thema Bauen im Bestand mit sich.

Und vieles mehr …

Über diesen kleinen Einblick in aktuelle Projekte hinaus, war die Denkmalpflege in vielen anderen grösseren und kleineren Projekten involviert, die später im Bericht der Kantonalen Denkmalpflege in der kommenden ARGOVIA-Jahresschrift Erwähnung finden werden. Einige Schlaglichter auf aktuelle Projekte werden auch künftig an dieser Stelle publiziert werden. Es bleibt auch im Jahr 2024 spannend. (Heiko Dobler)